AI & Creativity #1: The Bigger Picture

von Dennis Oswald -

Die Entwicklungen im Bereich KI im letzten halben Jahr waren schlicht wahnsinnig. Hunderte neuer kreativer Werkzeuge und Möglichkeiten eröffneten sich, und vielleicht ist das nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Treten wir einen Schritt zurück und werfen einen allgemeinen, umfassenden Blick auf die möglichen Auswirkungen von KI auf unsere künftige Arbeitsweise und unseren Alltag.

Seit meinem letzten Blogbeitrag Ende Oktober: "How to use AI to unleash your creativity", hat sich alles verändert – wieder und immer wieder:

  • Am 30. November markierte Open AI den "iPhone-Moment" für KI, als es ChatGPT-3 ankündigte. Die Anwendung erreichte in nur 2 Monaten 100 Millionen monatliche Nutzer! Der noch leistungsfähigere Nachfolger GPT-4 folgte Mitte März.
  • In der Zwischenzeit sind alle grossen Player - Meta, Google, Microsoft und Adobe - ins Rennen eingestiegen und haben ihre eigenen KI-Anwendungen in ihr Portfolio integriert.
  • Runway hat mit Gen-1 und mit Gen-2, die Video-Branche, mit seinem Video-zu-Video-Ansatz für generierte Videos revolutioniert.
  • Midjourney hat das Feld der generierten Bilder aufgerüttelt, insbesondere mit seiner Version 5. Diese erstellt verblüffend, fotorealistische Bilder und wirft damit die Frage auf, was ist wahr und was ist fake.
  • Nebst den grossen Chancen wurden auch Bedenken laut, dass KI die Zukunft der Gesellschaft in ihrem Kern bedroht. Der bekannteste Aufruf hierfür, ist der "Pause Giant AI Experiments: An Open Letter".

Wo anfangen?

Als Einstieg empfehle ich den sensationellen Dokumentarfilm iHuman. Die Dokumentation wurde 2019 ausgestrahlt. Wenn man sie mit dem Wissen von heute sieht, ist sie in meinen Augen noch beeindruckender und prophetischer. Allein, wenn man Max Tegmark, Zeynep Tüfekçi, Michal Kosinski, Jürgen Schmidhuber und Ilya Sutskever dabei zuhört wie sie die Auswirkungen von KI für die Zukunft einschätzen, bekommt man direkt Gänsehaut.

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// iHuman – First we create the technology, then it recreates us, 2019 (Trailer, Website)

Einen unterhaltsamen, kurzweiligen Einblick bietet die Folge John Olivers's Last Week Tonight episode about Artificial intelligence, die zusammenfasst, und aufzeigt, was auf dem Spiel steht.

// Artificial Intelligence: Last Week Tonight with John Oliver (HBO), 2023

Raoul Pal gibt einen aufschlussreichen Einblick in die KI-Branche in seinem Interview "AI is The Biggest Economic Impact of All Time" mit Emad Mostaque, dem Gründer und CEO von Stability AI.

// AI is The Biggest Economic Impact of All Time w/ Raoul Pal & Emad Mostaque

Ebenfalls lesenswert, die GateNotes "The Age of AI has begun". Bill Gates schreibt darüber, wie selbst er von der Geschwindigkeit beeindruckt war. Er erwähnt die Bereiche, auf die sich KI seiner Meinung nach auswirken wird: Produktivitätssteigerung, Gesundheit und Bildung - und teilt seine Gedanken über die Risiken und Probleme mit, die damit einhergehen.

Wie den Überblick behalten?

LinkedIn ist meines Erachtens aktuell eine gute Wahl sein, um sich auf dem Laufenden zu halten und sich inspirieren zu lassen, indem man einigen inspirierenden Accounts folgt, wie z.B. Steve Nouri. Er fasst unter anderem monatlich die Neuigkeiten und Highlights in der KI zusammen:

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// Source: Steve Nouri via Linkedin – AI News and Highlights March 2023 & April 2023

Für noch mehr kuratierten Inhalt meldet man sich am besten für einen der vielen AI-Newsletter an:

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// Screenshots ChatGPT, Open AI – Can a computer write poetry?; How AI can enhance our memory, work and social lives; The incredible inventions of intuitive AI; How AI can save our humanity; How computers are learning to be creative

Natürlich kann man auch gleich das neue Universal-Werkzeug ChatGPT selbst darum bitten, zum Beispiel, die besten TED-Talks zum Thema "KI & Kreativität" vorzuschlagen - Achtung, nicht vergessen die erhaltenen Informationen zu überprüfen!

Ai-Tools schiessen aktuell wie Pilze aus dem Boden. Anstatt die ganze Nacht aufzubleiben und jeden Link zu bookmarken, den man finden oder zugesendet bekommt, könnten diese drei Datenbanken eine guter, alternativer Startpunkt sein:

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// AI directories – All Things AI, There's an AI for that, Futurepedia

Nimmt mir die KI den (kreativen) Job weg?

Bei all diesen Werkzeugen und neuen Anwendungsmöglichkeiten befürchten die Menschen (zu Recht), dass KI ihnen Arbeitsplätze wegnehmen könnte.

In der Tat sieht es danach aus, insbesondere langfristig, wenn man sich nicht anpasst. Und selbst wenn der Job nicht direkt von einer AI 1:1 ersetzt wird, wird es kurzfristig eine massive Auswirkung auf die Art und Weise haben, wie wir arbeiten, wie z.B. in folgendem Artikel zu lesen ist: IBM expects to replace 7800 jobs with AI.

Gleich nach der Veröffentlichung von GPT-4 fragte Rowan Cheung nach 20 Arbeitsplätzen und entsprechender menschlichen Tätigkeit, die es ersetzen würde:

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// Rowan Cheung – 20 jobs that GPT-4 will replace, written by GPT-4

Der WEF Future of Job Report 2023 erwartet bei den strukturellen Arbeitsplätzen einen Nettoabbau von 14 Millionen Arbeitsplätzen bis 2027, das sind gerade mal 5 Jahre. Diese Zahl entspräche 2 % der strukturellen Arbeitsplätze (Zuwachs von 69 Millionen Arbeitsplätzen gegenüber einem Rückgang von 83 Millionen Arbeitsplätzen).

"Artificial intelligence, a key driver of potential algorithmic displacement, is expected to be adopted by nearly 75% of surveyed companies and is expected to lead to high churn – with 50% of organizations expecting it to create job growth and 25% expecting it to create job losses." 

//World Economic Forum, Future of Jobs Report 2023

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// World Economic Forum, Future of Jobs Report 2023, Infographics

Die Steigerung der Produktivität

Es wird eine enorme Produktivitätssteigerung in fast jeder Branche und Prozessphase geben(siehe Bill Gates: "The Age of AI has begun") – von der Forschung über die Ideenfindung, die Implementierung bis hin zur Analyse und Prüfung.

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// Santiago – https://twitter.com/svpino

Mit unzähligen KI-Tools für Text, Bilder, Video, Code und Sound wird die Kreativbranche nie mehr dieselbe sein, und völlig umgekrempelt werden, egal ob Illustration, Fotografie, Animation, Video, Spiele, Musik, Architektur, Design, Schreiben und Programmierung.

Atmen wir einmal kurz ein und aus und denken über die damit verbundenen Erwartungen nach, die von Ihrem Chef, Ihren Kunden, Ihren Kollegen:

  • Wie werden die Briefings, die wir von Kunden erhalten zukünftig aussehen?
  • Welcher Massstab wird an usnere Arbeit angelegt werden?
  • Welches Wissen oder welche Ausbildung, wird es es brauchen, um sich abzuheben?
  • Was passiert mit den eh schon engen Abgabefristen?
  • Wie bewerten wir Quantität und Qualität der Vielzahl an Lösungen?
  • Welche Preisgestaltung unter den Wettbewerbern wir KI aufzwingen?
  • Welche Software und Prozesse werden wir wofür benötigen?

Unterstützende AI-Software

Es gibt eine Flut von neuen (Klein)Anbietern und Plugins, die täglich erscheinen. Zudem haben die grossen Tech-Unternehmen ihre Bemühungen fortgesetzt und verstärkt ihre eigenen KI-Funktionen in ihr Portfolio für Kreative zu integrieren. Und da wir im Moment von ihrer Software-Bundles und ihren Dienstleistungen abhängig sind, führt somit kein Weg an KI vorbei:

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// AI Assists: AI Copilot (Microsoft), AI Workspace (Google), Firefly (Adobe)

Wir alle müssen für uns selbst zwangsläufig eine Strategie entwickeln. Bleiben wir bei den grossen Playern oder reiten auf der grossen Welle der Newcomer im Softwarebereich?

Die Entscheidung kann davon abhängen, wie gross das eigene Unternehmen ist, wie schnell man Anwendungen austauschen und in die eigenen Prozesse integrieren kann. Aber auch davon, wie gut die Benutzeroberfläche/das Benutzererlebnis dieser Tools ist, wie zuverlässig sie sind und natürlich, was man für sein Geld bekommt.

Wird Kreativität uns retten?

Ich wage mich mal an eine Hypothese für kreative Berufe, die auf dem Pareto-Prinzip beruht:

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// Dennis Oswald – Pareto Principle Hypothese, Impact on Creativity, April 2023

Für mehr als 80% der (Standard-)Aufgaben während des kreativen Prozesses wird die KI mittels Automatisierung einspringen. Sie wird dadurch schneller und effizienter sein, wie die neueste Entwicklung von AutoGPT bereits zeigt. So bleibt uns hoffentlich mehr Zeit für kreatives Denken und Schaffen.

In 20 % der Fälle werden wir mit KI-Tools mitgestalten. Dies wird zu hochwertigen Inhalten führt, die sich vom Standard abheben. Diese Tools oder die Integration über Plugins (offiziell und nicht-offiziell) wird uns kreative Superkräfte in allen Bereichen des Designs verleihen, insbesondere, da sich die UI/UX dieser Tools weiterentwickeln und die Arbeit mit ihnen zu einer nahtlosen Erfahrung wird.

Und ja, ich glaube daran, dass der menschliche Geist immer noch in der Lage ist, diese 1 von 100 einzigartige, frische Idee hervorzubringen. Insbesondere, da die KI die Welt noch nicht mit den uns gegebenen Sinnen wahrnimmt. Ich glaube and die menschliche Empathie und die Kraft kreativer und innovativer Methoden wie Metaphern, Analogien, Zufall und an lustige, widersprüchliche experimentelle Gedanken oder Einfühlungsvermögen

Allerdings gibt es einen Haken. Angenommen wir wiederholen diese eine Idee und ihre Ergebnisse. Früher oder später wird die KI dann ein Muster darin erkennen und diese Idee kennzeichnen. Paradoxerweise, je herausragender und einzigartiger diese Idee, Ihr Stil und Ihre Ergebnisse sind, desto leichter werden sie als solche erkannt, markiert und automatisiert imitiert...

Wird KI die Welt (wie wir sie kennen) vernichten?

Als letzten Schritt in diesem Blogbeitrag wollen wir den Blick über den Tellerrand hinaus wagen und uns der grossen Frage widmen, ob die KI das Ende der Menschheit bedeuten wird.

Haben Sie schon einmal von Nick Bolstroms "The Paperclip Maximizer" gehört? Es ist eine theoretische Parabel, in der eine KI letztlich, so nebenbei, die Menschheit vernichtet, während sie versucht, ihr vorgegebenes Ziel, Büroklammern zu produzieren optimiert und erfüllt.

// Youtube: AI's Deadly Paperclips – brieflyAI

"The rise of powerful AI will be either the best, or the worst thing, ever to happen to humanity. We do not yet know which." 

// Stephen Hawking – will AI kill or save humankind?, 2016

Im Zusammenhang damit steht der wohl bekannteste, jüngste "Warnruf": "Pause Giant AI Experiments: An Open Letter". Er wurde vom gemeinnützigen "Future of Life Institute" organisiert und fordert eine sechsmonatige Trainingspause für Modelle, die stärker als GPT-4 sind. Er wurde von 27500 Personen unterzeichnet, darunter viele bekannte Persönlichkeiten aus der KI-Branche wie Elon Musk, Steve Wozniak, Emad Mostaque, Max Tegmark und Yuval Harari ...

Ob man diesen offenen Brief nun als Marketing-Gag einiger “Nerds” betrachtet, oder nicht, er wirft ein Schlaglicht auf eines der wichtigsten und vielleicht dringendsten Themen der Menschheit: Die Regulierung von KI. Dieses Thema wird auch weiterhin heiss diskutiert werden, wie jüngst die Berichte über den Abgang des "Godfather of AI" Geoffrey Hinton von Google und seine Warnungen vor gefälschten Informationen zeigen.  

// Youtube: "Godfather of artificial intelligence" talks impact and potential of AI

Wir alle müssen uns über die grossen Chancen der KI, aber auch der erheblichen einhergehenden Bedrohungen bewusst. Wir alle sollten Organisationen beobachten, die die KI-gesteuerte Entscheidungsfindung beobachten (z.B. Algorithmwatch) oder auf staatliche Regulierungsansätze, wie den EU AI Act oder die UNESCO Ethics of Artificial Intelligence pochen.

Wird die KI die Welt retten?

Die Probleme, mit denen wir als Individuen und als Gesellschaft konfrontiert sind, werden immer komplexer und dringlicher. Wenn wir die Dinge richtig anpacken, haben Machine Learning, Deep Learning und Künstliche Intelligenz das Potenzial, die Welt zum Besseren zu verändern, z.B.:

  • Energieverbrauch: Auch wenn neuronale Netze viel Energie verbrauchen, könnten sie auch Teil der Lösung sein, indem sie die Energieeffizienz verbessern und damit ihren eigenen und unseren CO2-Fussabdruck verringern.
  • Klimawandel: Die Analyse von Big Data könnte zu besseren Prognosemodellen für den Klimawandel führen, welche zum Beispiel das schwindende Meereis überwachen und die zukünftigen Auswirkungen von Überschwemmungen, Stürmen und Waldbränden visualisieren helfen.
  • Medizin & Gesundheitswesen: Forscher nutzen Algorithmen, um Sepsis zu erkennen. KI kann helfen, Brustkrebs früher zu erkennen. Sie kann Proteinfaltungen vorhersagen, die die Entwicklung von Medikamenten beschleunigen.
  • Landwirtschaft: KI in Kombination mit Robotik wird die autonome Landwirtschaft unterstützen, die Effizienz, den Ertrag und die Qualität der Ernte verbessern und damit die Herausforderung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung bewältigen.

"It's not what computers can do, but what computers should do. As the generation of people that is bringing AI to the future, We are the generation that will answer this question first."

// Brad Smith, President Microsoft, iHuman, 2019

Was steht als Nächstes bei "Creativität & AI" an?

Wir bei Netgen definieren uns als "your generator of change for digital experiences", und da KI definitiv ein Game Changer ist, bleiben wir neugierig, aufgeschlossen und am Ball.

Wir verfolgen die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und ihren wachsenden Einfluss auf unsere Arbeit und lernen, wie wir sie in unsere Dienstleistungen Digitale Strategie & Beratung, Design & User Experience, Technologie & Entwicklung und ihre Prozesse integrieren können, die uns zu Kundenerfolg & Wachstum führen.

Zudem werden wir auf unserer jährlichen Konferenz, dem Web Summer Camp (31. August - 2. September 2023), dieses Mal sicherlich einige Referenten und Workshops zu den KI-Trends aufbieten.

Was "A/ & Creativity" angeht, wird es wohl eine kleine Serie an Beiträgen geben, wobei wir beim nächsten Mal die Metaebene wieder verlassen, und über konkretere Aspekte sprechen, z. B. kreative KI-Strategien, Produktivitätssteigerung im Design sowie Vertrauen und Wahrheit in Zeiten von AI.

Don't be scared; just be creative!

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